WQC & Quizfestival 2024 in Mainz

Am 1. und 2. Juni 2024 fand in der Alten Lokhalle in Mainz die deutsche Austragung der World Quizzing Championships, angekoppelt an das Quizfestival, statt. Andreas Felsenstein hat seine Eindrücke als Erstteilnehmer in einem Bericht festgehalten.


Nach zwei Berliner und zwei Deutschen Meisterschaften ist es für mich endlich soweit: Zum ersten Mal so richtig Reisen fürs Quiz. Am Freitagmittag geht es los vom Berliner Hauptbahnhof, über Hannover und Köln, den Rhein hinunter (den längsten deutschen Flussabschnitt ohne Brücke zwischen Koblenz und Mainz, wie ich in einem meiner ersten Deutschland-Cups gelernt habe) bis zum Mainzer Hauptbahnhof. Bereits dort treffe ich auf das erste bekannte Gesicht, ein Thema, das sich durch das ganze Wochenende zieht. Aufgrund verschiedener Hotels gehen wir schnell wieder getrennter Wege. Nach etwas Erholung im Zimmer mache mich mich auf einen Spaziergang durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt. Auch hier erblicke ich am Rheinufer aus der Entfernung ein mir bekannt erscheinendes Gesicht. Mein Ziel ist eine Kneipe in der Nähe des Mainzer Doms, wo sich über Discord einige Quizzer zur Einstimmung verabredet hatten. Ein knappes Dutzend Menschen sind am Ende und etwa zwei Stunden lang bleibe ich dort, es werden Erwartungen, Erfahrungen und Anekdoten ausgetauscht und sich mittels Kneipenquiz-Brettspiels auch schon etwas warmgequizzt.

Angespannt, aber auch mit viel Vorfreude komme ich dann am nächsten Morgen an der Stadthalle Mainz an. Ich kenne das WQC-Set aus dem letzten Jahr und habe eine gewisse Vorstellung davon, was mich erwartet. Zumindest kann ich die Kategorien, die mir am schwersten fallen, gleich in der ersten Halbzeit hinter mich bringen. Es wird erwartet anspruchsvoll, aber, wie ich finde, nicht absurd schwer. Ich muss einfach erkennen, wie viele Dinge es außerhalb meiner Bubble gibt. Maori-Künstlerkollektive, sambische Langzeitpräsidenten, AI-Popstars, Schlagzeug-Übungsrhythmen und vieles mehr. Ich nehme im DQV durchaus unterschiedliche Bereitschaft wahr, sich beim Quizzen aus der eigenen Komfortzone hinaus zu bewegen, aber mich hat das Set tatsächlich eher motiviert als entmutigt. Zum Glück entscheide ich mich kurz vor Abgabe doch noch dafür, „Guernica“ bei der Picasso-Frage hinzuschreiben, mehr als 29 Punkte sind in der ersten Halbzeit dennoch nicht drin.

In der zweiten Halbzeit komme ich dann wie erhofft durchaus auf meine Kosten. Ich kann mit dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus glänzen und sogar eine Frage, die ich selbst in einer Road-to-Berlin gestellt habe, kommt vor. Ich hoffe, mindestens eine Person hat durch mein Set die „Cult of the Lamb“-Frage richtig beantwortet. Auch dass am selben Morgen der Todessalto von Olga Korbut in meinen Instagram-Feed gespült wurde, gereicht mir zum Vorteil. Nachdem mir dann zum Glück auch noch auffällt, dass Australien ja als Kontinent und nicht als Insel zählt und ich bemerke, dass es sich bei dem komischen Gerät bei der vorletzten Frage schlicht und einfach um einen Walkman handelt, komme ich am Ende tatsächlich noch auf die 80-Punkte-Marke. Auch wenn mir natürlich auch noch hätte klar werden sollen, dass „Lauge“ für einen aus dem Arabischen kommenden Begriff nicht die beste Antwort ist. Aber man kann eben nicht alles haben… Insgesamt kann ich auf jeden Fall zufrieden sein.

Das ist jetzt natürlich die Perspektive eines durchaus ambitionierten (Noch-ein-paar-Wochen)-U30-Quizzers mit so einigen Special Interests. Ich hoffe aber, dass auch Leute mit anderen Herangehensweisen und Voraussetzungen Spaß an dem Set hatten. Auch wenn ich zum Beispiel mitbekommen habe, dass in Sport und Spiel dieses Mal für Nicht-Spezialisten sehr wenig zu holen war.

Nach der Auflösung fällt merklich die Spannung ab, es wird noch eine Weile über verpasste Chancen und erreichte Punktzahlen geredet und es geht in eine verregnete Mittagspause. Dann geht es mit den K.o-Quizzes weiter. Ich scheitere sowohl im Einzel als auch im Doppel in der ersten Runde an einer geographischen Schätzfrage, bei der ich den Pazifik zu klein und Rheinland-Pfalz zu groß einschätze. Die Schätzfragen fordern auch viele prominente Opfer, der Windelverbrauch Deutschlands lässt sich mit konventionellen Quizmethoden anscheinend nur schwer abschätzen. Es siegen am Ende Pierre Frotscher (Einzel) und René Waßmer/Jannik Fellger (Doppel).

Nach einer interessanten, aber vor allem zügigen Mitgliederversammlung (deren Inhalt ich an dieser Stelle nicht vorgreifen möchte) und der Siegerehrung der WQC steht noch das Audioquiz an. Spontan landet ein Vulkan an unserem Tisch, dessen Aufmerksamkeit sich die Quizfragen zunächst allerdings mit dem Champions-League-Finale teilen müssen. Das Set erweist sich als unterhaltsam und abwechslungsreich und ich bin froh, Teammitglieder zu haben, die zusätzlich zu Songtiteln auch Interpreten von Liedern kennen. Es siegt der Senat und Volk von Köln und darf sich, wie schon die Sieger der K.o.-Quizzes, als Preis ein paar Gehirnzellen abholen. Es ist weit nach 23 Uhr, als es zurück in die Hotels geht.

Der Sonntag beginnt mit dem im Doppel gespielten Bilderquiz. Zwei durchaus berüchtigte Quizzer mit identischem Vornamen nehmen gegenüber Platz. Die 50 Fragen drehen sich um Schlagerhits, die sich als Meme verselbstständigen (eine Frage, die in meinem Fall wirklich nur im Doppel lösbar war), Ameisen, die nach Australien reisen, und Pferde aus Kinderhörspielen. Aufgrund der Sitzkonstellation bringt so mancher Punkt doppelte Genugtuung, auch wenn am Ende doch der Tisch nicht gewonnen werden kann. In der Gesamtwertung gibt es mit dem Sieg von Vroni Kiefer und Max Lüggert doch eine kleine Überraschung. Im anschließenden Multiple-Choice-Quiz muss ich mich bei der Frage nach dem Wochentag des Berliner Mauerbaus eher unkonventionellen Methoden bedienen, die ein paar Strichlisten und ein wenig Kopfrechnen beinhalten. Mainzelmännchen, Metallica-Alben und Mehrfacholympiasiegerinnen sorgen auch ansonsten für durchaus anspruchsvolle Fragen. Wieder siegt mit Thorsten Zirkel ein bekannter Name. Die Geschwindigkeit steigt dann noch einmal an, als im Speedquiz einhundert Fragen in zehn Minuten beantwortet werden wollen. Man überlegt, ob man sich jetzt die Zeit für „Vergissmeinnicht“ oder „Herzogenaurach“ nehmen soll und lässt sich auch mal aus dem Flow bringen. Bei Frage 63 geht mir der Stift aus, zum Glück ist schnell Ersatz gefunden und ich kann zumindest jede Frage einmal lesen. Bei der Auflösung erfahre ich, dass Ameisen bei Sebastian Klussmann auch mal acht Beine haben können. Steffen Löwe setzt sich vor allen tempoharten Jägern mit beeindruckenden 92 Punkten durch.

Nach der Pause folgt das „Wer lügt?“-Format, bei dem im Dreierteam aus Zehnerlisten drei Elemente identifiziert werden müssen, auf die eine bestimmte Eigenschaft nicht zutrifft. Es wird diskutiert, ob eine tote Muschel als Tier in einem Gemälde zählt, es werden Erinnerungen an den Grundschul-Farbmalkasten herausgekramt und ich versuche, deutsche Autobahnen zu visualisieren. Zumindest nach dem für dem für die Funquizzes verwendeten Handzeichensystem zur Siegerermittlung wird es für mich mit Platz 6-8 die beste Leistung des Events, ich habe mich bei meinen Teamkolleginnen zu bedanken!

Zum Schluss werden noch zwei Runden Last-Quizzer-Sitting gespielt. Auch wenn die Gehirne der meisten schon überlaufen zu drohen, schaffen es die Moderatoren, noch einmal für einen unterhaltsamen Abschluss zu sorgen. Ich merke den Spannungsabfall durchaus und scheide jeweils früh aus. Mit einer Johannes-Gutenberg-Frage wäre ja durchaus zu rechnen gewesen. René Waßmer und Sebastian Jacoby holen sich die letzten Preise ab. Dann werden noch Sets zusammengesucht, Verabschiedungen gemacht und ich schleiche mit einem in einen DQV-Hoodie eingewickelten Papierstapel unter dem Arm zurück ins Hotel und sinniere über achtbeinige Ameisen, die nach Australien reisen.

Bei der Rückreise am Montag treffe ich an zwei verschiedenen Bahnhöfen nochmals auf DQV-Gesichter, wurschtele mich stoisch durch das Bahnchaos und habe nun ab Frankfurt endlich genug Ruhe, diesen Bericht hier zu schreiben…

Als Freund der Statistik habe ich mich im Anschluss noch ein wenig mit den Ergebnissen der WQC beschäftigt und eine Zahl möchte ich in diesem Rahmen auf jeden Fall noch teilen: Insgesamt holten deutsche QuizzerInnen bei der WQC 13561 Punkte. Das sind nicht nur fast 4000 mehr als letztes Jahr sondern so viele wie kein anderes Land (2. Indien: 12803 mit mehr (!) Teilnehmern, 3. USA mit 11724, alle anderen unter 8000). Also egal, was manchmal über den Mangel an Spitzenergebnissen lamentiert wird: Die Mannschaftswertung geht an uns!